Helen Kevric startete beim Teamwettkampf der Turn-EM in Leipzig mit einer fulminanten Barrenübung – die 14,766 sollten den Tageshöchstwert des gesamten Wettkampfes markieren. Sie zeigte mit der direkten Verbindung des gebückten Hindorffs zum Paksalto auch wieder die schwierigere Variante ihrer Übung mit einer D-Note von 6,4. Am Barren geht sie als Führende ins Gerätefinale, für das Mehrkampffinale qualifizierte sie sich als drittbeste Turnerin mit 53,932 Punkten.
Über die Silbermedaille im Team freue sie sich „sehr“, sagte Kevric nach dem Wettkampf. „Es ist meine erste Medaille bei den Senioren. Ich hatte auch nicht damit gerechnet, aber es zeigt, dass wir als Team oben mithalten können. Ich glaube, einerseits war es gut, dass es in Deutschland war. Klar hatte man da ein bisschen Druck, aber dass die Menschen einen angefeuert haben, war sehr toll. Und ich denke, dass wir sehr gut zusammengehalten haben.“
Beim Podiumtraining hatte sie wegen Knieproblemen noch ihr Programm reduziert, was sich jetzt ausgezahlt habe. Beim Teamwettkampf turnte sie mit einem getapten linken Knie. „Meinem Knie geht es schon deutlich besser. Wir haben extra das Podiumtraining am Boden und Sprung weggelassen, damit ich heute einsatzbereit bin. Und das hat auch alles gut geklappt, deswegen hat es sich gelohnt.“
Ihre Vorbereitung umschrieb Kevric als „nicht ganz einfach“. Die Missbrauchsvorwürfe am Kunst-Turn-Forum in Stuttgart richten sich gegen ihren ehemaligen Trainer und ihre ehemalige Trainerin. Im März wurde Aimee Boorman, ehemalige Trainerin von Simone Biles, vom DTB als Interimstrainerin in Stuttgart vorgestellt. Da Boorman während der EM-Vorbereitung in den USA weilte, wurde Kevric in Leipzig von der US-Amerikanerin LaPrise Harris-Williams betreut. Wie es in Stuttgart langfristig weitergeht, ist nicht bekannt.
Kevric, die erst bei der ersten EM-Qualifikation Ende April in Mannheim in die Saison einstieg, hatte sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert. Das änderte sich in Leipzig. Die Medaille könne nicht für die Zeit entschädigen, sagte sie. „Sowas kann man nicht rückgängig machen, und es ist auch keine schöne Zeit gewesen. Ich bin kein Missbrauchsopfer oder sonst irgendwas. Ich hatte immer eine gute Beziehung zu meinen Trainern. Ich bin traurig, dass es so geendet ist. Deswegen ist die Medaille auch ein Stück weit für sie, weil sie hinter der harten Arbeit stehen.“
Ob sie noch Kontakt zu ihrem ehemaligen Trainer oder ihrer Ex-Trainerin habe, wollte sie nicht sagen. „Ich denke mal, das ist eine private Sache. Ich behalte das lieber für mich.“

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